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  • 06.05.2010 - 12:04 GMT
  • JEF
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JEF: Nur eine flexible und benutzerfreundliche Bürgerinitiative kann die EU demokratischer machen!

JEF schreibt offenen Brief an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments

Sehr geehrte Abgeordnete, liebe Europäer,
die JEF begrüßt die Europäische Bürgerinitiative (EBI) als einzigartige Möglichkeit, der europäischen Demokratie ein neues Gesicht zu geben und die Beteiligung und Teilhabe der Bürger an europäischer Politik zu stärken. Das Potenzial dieses Instruments darf nicht durch eine restriktive Umsetzung ausgebremst werden. Der Vertrag von Lissabon schreibt eindeutig vor, dass jede EBI im Rahmen der Befugnisse der Europäischen Kommission liegt und der Umsetzung der Verträge dienen muss. Damit ist jeder Missbrauch ausgeschlossen. Eine strenge, unflexible Verordnung zur Umsetzung der EBI macht diese praktisch unbrauchbar.
Vor diesem Hintergrund nehmen wir zu einigen unakzeptablen Hürden Stellung, die im Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission vom 31. Mai 2010 enthalten sind:
Erstens, die nationalstaatlichen Anforderungen sind zu hoch und komplex. Bürger der EU-Mitgliedstaaten sind Unionsbürger, egal welche Staatsangehörigkeit sie haben. Die Schwelle sollte daher nicht die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene hohe Quote von Unterschriften von Unionsbürgern aus mindestens einem Drittel der Mitgliedstaaten betragen, sondern eine niedrige Anzahl. Die JEF Deutschland ist überzeugt, dass eine Hürde von Unterschriften aus mindestens fünf Mitgliedstaaten den europäischen Charakter einer EBI sicherstellt und das Kriterium des Artikels 11 Lissabonvertrag, dass es sich um Unterschriften von „Staatsangehörigen einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten handeln“ muss, gewahrt ist. Der Lissabonvertrag fordert keine Mindestanzahl von unterstützenden Unterschriften je Mitgliedstaat. Daher sind die von der Europäischen Kommission geforderten 0,2 Prozent unterstützender Unterschriften pro Mitgliedstaat eine zu hohe Schwelle. Die JEF Deutschland spricht sich ausdrücklich gegen eine Quotenregelung aus und schlägt 800 Unterschriften vor, was 0,2 Prozent der Bevölkerung Maltas entspricht.
Zweitens, wird die Voraussetzung von 300.000 unterstützenden Unterschriften für eine rechtliche Zulässigkeitsprüfung der EBI die Organisatoren abschrecken und viele Initiativen verhindern. Die Europäische Kommission muss den Organisatoren einer EBI eine ex ante Zulässigkeitsprüfung vor Beginn der Unterschriftensammlung zusagen.
Drittens, sollte die Europäische Kommission einen zulässigen EBI-Vorschlag in alle offiziellen Amtssprachen übersetzen und ein sicheres Instrument für die Sammlung von Online-Unterschriften einrichten und zur Verfügung stellen. Die Übersetzung stellt sicher, dass alle Unterzeichner die gleiche Sache unterstützen und die Onlineplattform stellt den partizipatorischen und inklusiven Charakter der EBI sicher und verhindert jeglichen Missbrauch privater Daten durch Dritte. Mithin halten wir es bei des Sammlung von Unterschriften auf der Straße für völlig inakzeptabel, Ausweis- oder Sozialversicherungsnummern mit der Unterschrift eines Unterstützers einzufordern.
Viertens, plädieren wir dafür, keine Altershürde festzulegen. Altersgrenzen sind immer willkürlich. So ist man in Deutschland z.B. ab 14 Jahren religions- und strafmündig. Und auch die Mitgliedschaft in vielen politischen Organisationen ist ebenfalls ab 14 Jahren möglich. In Österreich kann das Wahlrecht bereits ab 16 Jahren ausgeübt werden, wohingegen in anderen Staaten erst ab 18 gewählt werden darf. Unterschiedliche Regeln gelten auch für die Kommunalwahlen, bei denen in vielen Bundesländern ebenfalls bereits mit 16 gewählt werden darf. Da es sich bei der Zeichnung einer Initiative nicht um eine Wahlentscheidung handelt, sind wir der Auffassung, dass die Beteiligung an einer Initiative nicht an das Erreichen des Wahlalters gekoppelt werden darf.
Insbesondere vor dem Hintergrund der historisch niedrigsten Beteiligung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009, ist die EBI ein innovativer Weg, Europa näher zu den Bürgern und die Bürger näher zu Europa zu bringen. Wir rufen Sie daher dringend auf, dazu beizutragen, dass die EBI ein flexibles und bürgerfreundliches Instrument wird!
Die JEF beteiligte sich bereits mit einer Stellungnahme am Grünbuch-Prozess und steht Ihnen für die Diskussion dieser uns sehr wichtigen Sache zur Verfügung.
Mit europäischen Grüßen
Thomas Heimstädt
Bundesvorsitzender (kommissarisch)
JEF Deutschland e.V.