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  • 29.08.2011 - 08:15 GMT

KAB: Euroland ist abgebrannt? – Europa muss mächtig werden!

Die Spekulation gegen den Euro hat erneut Fahrt aufgenommen. Als einen der treibenden Spekulanten haben »Bild« und »Der Spiegel« John Taylor an den Pranger gestellt und damit der Währungsspekulation ein Gesicht gegeben. John Taylor ist der Chef von FX Concepts, einem Hedgefond, der auf Währungsspekulation gegen den Euro spezialisiert ist. Milliarden werden derzeit darauf verwettet, dass der Euro an Wert verliert oder gar zusammenbricht.

Aber die Spekulation ist nur ein Teil der weltweiten Finanzindustrie, die sich nach der Krise erneut aufbläht. Das Volumen der Devisengeschäfte betrug 2010 ein Volumen von 955 Billionen Dollar. Zum Vergleich: Der Wert aller weltweit hergestellten Waren und bereitgestellten Dienstleistungen machte im gleichen Jahr eine Summe von 63 Billionen Dollar aus. Spekuliert wird mit allem, was satten Profit verspricht. Die Investmentbanken haben etwa die Rohstoff- und Nahrungsmittelmärkte fest im Griff. Die Deutsche Bank – so jüngst »Der Spiegel« – will alleine in diesem Bereich eine Eigenkapitalrendite von 40 Prozent erwirtschaften. Jede Hungerkatastrophe treibt die Preise für Nahrungsmittel an den weltweiten Märkten nach oben. Profiteure sind die Spekulanten und Anleger.
Dass die Finanzindustrie ein solcher Ausmaß erreichen kann, Staaten und die Weltwirtschaft bedroht, belegt das völlig Versagen der Politik, nach der letzten Weltwirtschaftskrise Verbote verschiedener Finanzprodukte durchzusetzen, klare Struktur und Regeln, insbesondere für die Investmentbanken, zu schaffen. Den europäischen Staatschefs scheint dieses Versagen mittlerweile zu dämmern, treiben die Finanzmärkte doch den Euro vor sich her und machen jeden politischen Rettungsversuch in wenigen Tagen zur Makulatur. Die zur Rettung des Euro und einzelner europäischer Staaten eingesetzten Summen fließen u.a. über die Staatsverschuldung den Spekulanten und Gläubigern zu. Die Privatisierung öffentlicher Gelder erreicht so ein bisher nicht gekanntes Ausmaß. Die soziale Spaltung weltweit und in Europa vertieft sich so weiter, ohne das Besserung in Sicht wäre. Hundertausende Arbeitsplätze stehen alleine im öffentlichen Dienst europaweit auf der Streichliste, Löhne werden zunehmend unter Druck gesetzt, Sozialleistungen abgebaut, die öffentliche Infrastruktur zerfällt. Die Liste tiefer sozialer Verwerfungen ließe sich weiter verlängern.
Derweil ist die europäische Politik konzeptlos. Statt eine einheitliche europäische Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik offensiv voranzutreiben, üben sich Frankreich und Deutschland in Alleingängen, die sie auf Dauer nicht werden durchhalten können. Zu mächtig sind die Gegenspieler der Finanzindustrie, die gleichzeitig in wichtigen Kommissionen und Gremien sitzen, die die Regierungen beraten. Diese falsche Politik werden die Bürgerinnen und Bürger teuer bezahlen müssen. Der Macht der Finanzindustrie müsste die konzentrierte politische Macht Europas entgegengesetzt werden, um auch weltweit verbindliche Spielregeln durchzusetzen. Schon jetzt deutet vieles daraufhin, dass die nächste Krise von den unregulierten Hedgefonds und den Investmentbanken ausgehen könnte, also gerade von den Bereichen, die die Politik sträflich vernachlässigt oder nur halbherzig angeht. Dann werden auch »Euro-Bonds« keine ausreichende Abhilfe mehr schaffen. Hier muss die Politik mit geballter Macht schnellstens ans Werk gehen, damit es am Ende nicht heißt: Euroland ist abgebrannt!
Dr. Michael Schäfers
Leiter des Grundsatzreferates der KAB Deutschlands