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  • 08.07.2011 - 12:54 GMT
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KAS: Populismus vorbeugen und bekämpfen – sich zu Europa bekennen

Nach 16 Jahren wird an der deutsch-dänischen Grenze erstmals wieder kontrolliert – eine indirekte Folge des Erstarkens der Rechstpopulisten in Dänemark.

Als „Symbolpolitik von Populisten gegen einen Grundpfeiler der europäischen Integration, der Reisefreiheit“, hat Florian Hartleb die Wiedereinführung von Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze bezeichnet. Der Populismusforscher, der bei Prof. Eckhard Jesse promoviert hat, stellte jetzt zusammen mit Peter Altmaier in Berlin seine Studie über rechtspopulistische Parteien in Europa vor.
Das Thema ist also hochaktuell und die Relevanz steht außer Frage. Muss man doch gar nicht weit blicken, um zu erkennen, dass es sich beim Erstarken des Rechtspopulismus nicht um ein nationales, sondern um eine europaweite Erscheinung in unterschiedlicher Ausprägung handelt. Während in Frankreich Marine Le Pen von der Front National ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen gegen ihre Konkurrenten punktet, hat in Belgien der Vlaams Blok bereits Wahlerfolge erzielt. In Österreich wiederum steht die FPÖ vor einem ihrer größten Wahlerfolge seit Jörg Haider. Dabei ist den Parteien und Gruppierungen eines gemein: Sie polarisieren, sind europaskeptisch, stilisieren sich als Tabubrecher, bedienen sich Feinbilder und haben zumeist einen Charakterkopf als Anführer.
Auch wenn es noch keiner rechtspopulistischen Partei bis jetzt gelungen ist, tatsächlich an verantwortungsvoller Stelle in Regierungsbeteiligung zu gelangen, machte Peter Altmaier, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, deutlich, warum deren Erstarken ein Problem ist. „Auch wenn vordergründig demokratische Strukturen akzeptiert werden, beeinträchtigen diese Parteien die Arbeitsfähigkeit dieser Strukturen“, so Altmaier unter Hinweis auf die Notwendigkeit von einstimmigen Entscheidungen etwa auf europäischer Ebene. Doch auch national behinderten Rechtspopulisten die Demokratie, wenn Koalitionsverhandlungen verschleppt würden und eine Regierungsbildung teilweise über Jahre nicht zustande komme. Altmaier unterstrich aber gleichzeitig, dass von den Rechtspopulisten „keine Gefahr für die Demokratie als solche ausgehe“, anders etwa als vom Rechts- und Linksextremismus.
Es sei im Übrigen „Glück im Unglück“ so Altmaier, dass es bundesweit noch keine rechtspopulistische Vereinigung zum Erfolg geschafft habe. Die Gründe hierfür seien historisch bedingt. Sei doch die Hemmschwelle rechts zu wählen hierzulande hoch. Hartleb ergänzte, dass die Ursache auch in den föderalen Strukturen der Bundesrepublik zu suchen sei. Diese erschwerten es für Rechtspopulisten ein Gesamtkonstrukt auszubilden. Deutschland ist daher, laut Hartleb, eine „rechtspopulistisch freie Zone“. Allerdings gebe es, wie er es nannte, eine „Gelegenheitsstruktur“. Der Hype um das Sarrazin-Buch habe das vor Augen geführt. Altmaier warnte: „Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und darauf vertrauen, dass der vielbeschworene Charakterkopf schon nicht komme.“ Stattdessen gelte es für die etablierten Volksparteien vorzubeugen und nicht dem Populismus zu erliegen. Altmaier machte deutlich, wie er sich das heute konkret vorstellt: „Wir müssen uns zu Europa und dem Euro klar bekennen.“ Für Hartleb bietet das Erstarken der Rechtspopulisten auch eine Chance. Die Volksparteien würden beginnen, sich selbst zu spiegeln und sich selbst zu hinterfragen.