KAS: Verspäteter Dienstantritt der Europäischen Kommission
Rund acht Monate nach seiner Wahl hat das Europäische Parlament am 9. Februar der neuen Europäischen Kommission unter Kommissionspräsident José Manuel Barroso zugestimmt. 488 Abgeordnete stimmten für, 137 Abgeordnete gegen die Kommission „Barroso II“, 72 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Ursprünglich war die Abstimmung für den 26. Januar vorgesehen; die Kommission hätte in jenem Fall bereits am 1. Februar ihre Arbeit aufnehmen können.
Somit war die alte Kommission dreieinhalb Monate geschäftsführend im Amt. Die EVP und die Liberalen hatten ihre Unterstützung im Vorfeld der Abstimmung deutlich gemacht, nach einigen Diskussionen erklärten die Sozialisten ebenfalls ihre Unterstützung für die neue Kommission. Die euroskeptische ECR enthielt sich der Stimme, Grüne und Linke stimmten gegen das neue Kollegium.
Die erneute Verzögerung trat auf, da die für das Portfolio „Internationale Kooperation, Humanitäre Hilfe und Krisenreaktion“ vorgesehene bulgarische EVP-Politikerin Rumiana Jeleva wegen des zu erwarteten Widerstands ihre Kandidatur zurückzog. Zwar hatten im Vorhinein insbesondere die beiden großen Gruppen im Parlament, die EVP und die Sozialisten, dazu aufgerufen, keine politische „Hexenjagd“ zu veranstalten und in erster Linie nach fachlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Dieses Bekenntnis erwies sich allerdings als kurzlebig: Die Anhörung Jeleva’s am 13. Januar konzentrierte sich zu großen Teilen auf Interessenskonflikte und angeblich unvollständige Angaben zu ihren Geschäftsbeziehungen und kaum auf ihre fachliche Qualifikation für das Portfolio. Entgegen vorherigen Ankündigungen forderten nach der Anhörung auch die Sozialisten einen Rücktritt Jeleva’s. Nachdem die Vorwürfe sowohl von der Kommission wie vom juristischen Dienst des Europäischen Parlaments entkräftet worden waren, verlagerte sich die Kritik auf Jeleva’s fachliche Qualifikation. Am 19. Januar trat Jeleva letztlich zurück, woraufhin der bulgarische Ministerpräsident Borissov die Weltbank-Direktorin Kristalina Georgieva nachnominierte. Entgegen zwischenzeitlicher Spekulationen in der Presse kam es nicht zu einer „Revanche“ der EVP-Fraktion an einem sozialistischen oder liberalen Kandidaten. Dennoch hat der Vorgang bleibende Schäden im Vertrauensverhältnis zwischen EVP und Sozialisten hinterlassen.
[…]
Zum vollständigen Länderbericht (420 KB – PDF)
Konrad-Adenauer-Stiftung