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Koalitionäre fordern Bürgerkonvente zur Zukunft der EU. EBD sagt: Wenn, dann richtig!

Die EBD befürchtet, dass die Koalitionäre „Europäische Bürgerkonvente“ unbedacht in den Koalitionsvertrag schreiben. Denn die notwendige öffentliche Debatte zur Zukunft Europas könnte durch halbherzige Bürger-Konvente für neuen Europafrust sorgen.

Staatspräsident Emmanuel Macron hat zur Diskussion der Zukunft Europas sogenannte „Europäische Konvente“ vorgeschlagen. Mittlerweile ist die Französische Regierung intern vom Begriff „Konvent“ abgekommen, wohl auch weil der Art. 48 des EU-Vertrages eine gänzlich andere Form des Konventes kennt. Man verwendet im Élysée-Palast inzwischen den Begriff „Bürgerkonsultationen“. Unklar ist allerdings, wie und wo diese Bürgerforen stattfinden sollen. In Deutschland ist aller Voraussicht nach auch nach Koalitionsbildung das Auswärtige Amt federführend.

Ziel der Konventionen war es ursprünglich, einen Dialog zwischen „europäischen Bürgern und politischen Vertretern“ zu schaffen, um der allgemeinen Forderung nach mehr Transparenz in politischen Entscheidungsprozessen gerecht zu werden.

Die Bürgerkonsultationen sollen in einem Zeitraum von sechs Monaten durchgeführt werden, durchaus im Zusammenhang mit den Europawahlen 2019 (23.-26. Mai 2019). Die „Konvente“, welche von der EU-Kommission überwacht und koordiniert werden sollen, sollen nach Vorstellung Macrons nicht nur in Frankreich stattfinden, sondern auch in weiteren EU-Mitgliedstaaten. Der Europäische Rat soll in seiner Sitzung im März 2018 über die Vergabe der Verantwortung beschließen. Auch die EU-Kommission unterstützt die Pläne, ähneln sie doch Junckers Vorhaben, den Dialog mit EU-Bürgern zu verstärken. Nach Aussage Macrons und seines Europaministers haben Spanien, Italien, Deutschland, Österreich, Irland und Griechenland bereits ihr Interesse signalisiert. Doch es gibt Kritik. In einem Papier des European Policy Centre wird die „Übernahme von Verantwortung durch die zivilgesellschaftlichen Organisationen“ und die Abkehr von „Eliten getriebenen politischen Bewegungen“ angemahnt.

  • In der Tat drohen den Bürgerkonsultationen nach ursprünglichen (und auch in den Koalitionsverhandlungen) genutzten Schlagwörtern zu einem Top-Down-Prozess zu werden, der ins Leere verläuft oder bestenfalls einseitig parteipolitisch im Vorwahlkampf der Europawahl 2019 genutzt werden kann.
  • Es wird kaum möglich sein, vergleichbare Konvente in den Mitgliedsländern der EU zu etablieren.
  • Es fehlt der vielfältige strukturierte Dialog mit der organisierten Zivilgesellschaft, also mit Interessen, die in Vereinen, Verbänden und Stiftungen organisiert sind. 
  • Wenn im Vorhinein zu hohe Erwartungen geweckt werden, die nicht erfüllt werden, könnte sich die Wirkung ins Negative verkehren, indem sie die Enttäuschung und Wut über Europa weiter schüren.

EBD-Position im Sinne der Politischen Forderungen 2017/18:

  •  Alle Vorschläge sind zu begrüßen, die eine europapolitische Debatte öffnen und mehr Beteiligung und europäische Öffentlichkeit fördern.
  • Die von Staatspräsident Macron vorgeschlagenen „Konvente“ wären als echte Bürgerkonsultationen tatsächlich sinnvoll, wenn sie repräsentativ/zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger und flächendeckend deutsche Städte und Landkreise ernsthaft einbeziehen würden.
  • Unter Wahrung des Neutralitätsprinzips könnten so strukturierte Dialoge sehr glaubwürdig organisiert werden.
  • Die EBD könnte gemeinsam mit ihren repräsentativen Spitzenverbänden für eine ausgewogene Kommentierung und Begleitung der „Konvente“ sorgen.
  • Die EBD betont, dass Konsultationen der repräsentativen Demokratie und den staatlichen Handelnden in ihrer Entscheidungsfindung nutzen sollten. Sie sind eine sinnvolle Ergänzung aber kein Ersatz für die parlamentarische Demokratie.