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Europäische Wertegemeinschaft, Europakommunikation, Institutionen & Zukunftsdebatte

Nach Türkei-Wahl: Europäischen Dialog zwischen Deutschland und der Türkei weiter stärken | EBD Public Diplomacy Exklusiv – Türkei

Es geht um die Stärkung der Demokratie und Menschenrechte im Südosten Europas, in einem Land des Europarates. „Mit Blick auf eklatante Mängel in demokratischer Rechtstaatlichkeit und die wirtschaftliche Talfahrt der eng mit Deutschland und dem Binnenmarkt vernetzten Türkei, ist eine offene und gemeinsame europäische Vorgehensweise erforderlich. Jede demokratische Brücke muss genutzt werden. Es darf im Interesse der Menschen in ganz Europa aber keine falschen Standards und Tabus geben, weder in der Türkei, noch in der EU oder im Europarat!“, so EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann nach drei Dialogformaten der EBD zur Türkei und Europa. Durch die Dialogformate des Netzwerks EBD leistet die EBD wertvolle Netzwerkarbeit und fördert die Europäische Public Diplomacy.

Was bedeutet der Ausgang der türkischen Wahlen für Demokratie und Menschenrechte und die europäischen Nachbarn? Welche Chancen bleiben für die europäisch und demokratisch orientierten Türkinnen und Türken? Was wird aus den vielfältigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kontakten? Diesen Fragen widmete sich die Europäische Bewegung Deutschland e.V. im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe zur Wahl der Türkei 2023. Nach dem Sieg des amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan über den sozialdemokratischen Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu steht, steht Erdoğan vor einer erneuten fünfjährigen Amtszeit. Seinen Wahlsieg betrachtet er als Auftrag für die Fortsetzung seiner Präsidentschaft, welche durch einen autoritären und repressiven Kurs geprägt ist und im Jahr 2017 in der Abschaffung der parlamentarischen Demokratie und Einführung des Präsidialsystems gipfelte. Auch nach der Wahl in der Türkei steht die Europäische Bewegung Deutschland weiter im engen Kontakt mit ihren Mitgliedern und ihrer Schwesterorganisation.

Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe fand bereits zwei Tage nach dem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl in der Türkei, am 14. Mai im Generalsekretariat der EBD ein Hintergrundgespräch mit dem „Türkei-EU Civil Society Dialogue Network“ statt, an dem auch ein Vorstandsvertreter der Europäischen Bewegung Türkei teilnahm. Das EU-Beitrittskandidatenland ist trotz der aufgrund der Menschenrechtslage eingefrorenen Verhandlungen zwischen der EU und der Türkei Teil des „Civil Society Dialogue“ (CSD) das etablierteste EU-finanzierte Förderprogramm für freie gesellschaftliche Kräfte in der Türkei. Es bringt Organisationen aus Wirtschaft und Gesellschaft in der Türkei und der EU zusammen. Der Austausch mit EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann war offen und kritisch. Eines der hier besprochenen Themen war die Gefahr der erschwerten Zusammenarbeit zwischen nichtstaatlichen türkischen Organisationen und der EU durch eine mögliche neue EU-Regelungen zur Einflussnahme von außen. Auch Vertreterinnen und Vertreter des türkischen Außenministeriums nahmen an der Debatte teil. Konsens herrschte darüber, dass die vielfältigen Kontakte zwischen demokratisch organisierten Verbänden und Vereinen zwischen beiden Ländern gestärkt werden müssen. Positiv vermerkt wurde, dass wie auch bei der EBD Wirtschaftsverbände Teil des Prozesses sind. Eine weitere Zusammenarbeit zu europapolitischen Themen ist unter Einbeziehung der Europäischen Bewegung Türkei möglich und angestrebt. 

Am 25. Mai 2023 fand der EBD Public Diplomacy Dialog Türkei statt, bei dem die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei in Zukunft und die Erkenntnisse aus den Präsidentschaftswahlen diskutiert wurden. Bei der Veranstaltung nahmen Dr. Funda Tekin, Direktorin des Institut für Europäische Politik e.V. und Mitglied im EBD-Vorstand, Beate Apelt, Projektleiterin Türkei im Auslandsbüro Istanbul der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Jannes Tessmann, Leiter des Istanbul-Büros der Stiftung Mercator GmbH, Antonia Tilly, stv. Leiterin des Auslandsbüros Türkei (Istanbul) der Friedrich-Ebert-Stiftung sowie Dawid Bartelt, Leiter des Türkei-Büros, Heinrich-Böll-Stiftung teil. Die Panelisten stellten fest, dass die demokratische Opposition zwar gestärkt aus den Wahlen hervorging, aber voraussichtlich nicht genug, um bei der Stichwahl einen Regierungswechsel herbeizuführen. Die Wahlen wurden als theoretisch frei, aber insgesamt nicht fair und demokratisch betrachtet. Die Herausforderung besteht darin, einen konstruktiven Ansatz für eine Neu-Strukturierung der zukünftigen Beziehungen zur Türkei zu finden, ohne den Anspruch auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aufzugeben. Der EBD Public Diplomacy Dialog zielt darauf ab, Akteure aus verschiedenen Bereichen einzubeziehen, um europäische Lösungen für aktuelle Herausforderungen zu definieren.

Foto Credit: Bernd Hüttemann

Komplettiert wurden die EBD-Aktivitäten zur Türkeiwahl durch einen „europäischen Salon“, der als EBD Public Diplomacy Exklusiv im Herzen Istanbuls statt. Vor Ort begrüßte EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann am 8. Juni gemeinsam mit Vorstandsmitglied Dr. Funda Tekin vom Institut für Europäische Politik, Mitgliedsorganisationen (Stiftungen und Handelskammer), die Europäische Bewegung Türkei und deutsche Medienvertreter und Medienvertreterinnen zu einem informellen Hintergrundgespräch. Auf der Themenagenda standen die Herausforderungen der Deutschland-Türkei -Europa-Beziehungen im Kontext der aktuellen Ergebnisse der türkischen Stichwahl zur Präsidentschaft. Die Spaltung der Gesellschaft und der großen Enttäuschung der großen demokratischen und europäischen Kräfte bietet wenig Raum für baldige Annäherung der türkischen Politik an die Forderungen der EU. Die Beitrittsverhandlungen werden so auch in naher Zukunft eingefroren bleiben, zumal die Europawahl eine Polarisierung auch innerhalb der EU befürchten lässt. Auf der anderen Seite gibt es zarte Anzeichen für einen neuen Dialogstil zwischen dem Staatspräsidenten und der europäischen Seite. Nicht zuletzt die Menschenrechte aber auch die Wirtschaftsbeziehungen werden ein Test für Willen und Integrationsfähigkeit der Türkei. Dies gilt nicht nur für die EU-Beitrittsverhandlungen, sondern auch im laufenden Vertragsverletzungsverfahren des Europarates im Fall des inhaftierten Aktivisten und Unternehmers Osman Kavalas.

Der europapolitische Austausch der EBD-Mitgliedsorganisationen mit starkem Türkeibezug ist Teil der Förderung des gesellschaftlichen Dialogs zur Türkei. Bereits im letzten Jahr plädierte die Europäische Bewegung Deutschland für Klartext in der Türkei aber auch in der EU und im Europarat. Um das voranzutreiben, braucht es mehr als nur den Austausch zwischen der Politik und Diplomatie. Das Netzwerk der EBD mit unseren Mitgliedsorganisationen und Partnerorganisationen im Ausland bietet eine Plattform zum politischen Dialog und verfügt über eine vielfältige Themenexpertise, um ein gegenseitiges Verständnis zwischen der Türkei und der EU zu fördern und die europapolitische Zusammenarbeit zwischen Berlin und Istanbul zu stärken. Die Institutionalisierung einer solchen grenzüberschreitenden Kooperation ist die Grundlage für eine moderne Europapolitik. Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) fördert die Institutionalisierung einer Europäischen Public Diplomacy, die einen grenzüberschreitenden gesellschaftlichen Dialog beinhaltet. Ziel ist es, gesellschaftliche Kräfte, repräsentative Interessen und politische Akteurinnen und Akteure über bestimmte Themen zusammenzubringen, denn europaweite Herausforderungen brauchen gemeinsame Antworten. 

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