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EU-Erweiterung, Außen- & Sicherheitspolitik, Europakommunikation, Institutionen & Zukunftsdebatte

Sicht auf den Strategischen Kompass nach dem Zusammenbruch der Friedensordnung | EWSA im Fokus mit Christian Moos und Peter Clever

Der russische Angriffskrieg und das Ende der Friedensordnung in Europa erfordern, dass die EU ihre sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit nachhaltig stärken muss. In unserer EBD-Veranstaltungsreihe EWSA im Fokus zum Strategischen Kompass diskutierten die beiden deutschen Mitglieder des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) Christian Moos, Berichterstatter zum Strategischen Kompass und EBD-Vorstandsmitglied wie auch Peter Clever, Ko-Berichterstatter zum Dossier am  16. November 2022 mit den 23 Teilnehmenden digital den Entwurf der Initiativstellungnahme des EWSA zum Thema. 

Konkret ging es, unter der Moderation von Markus Vennewald, EBD-Referent für Europapolitik, um eine kritische Einschätzung des EWSA zum Strategischen Kompass. Das Grundlagendokument ist ein aus 80 konkreten Maßnahmen bestehender Aktionsplan für die Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU bis 2030 und wurde nach einem zweijährigen Reflexionsprozess im März von den EU-Ministerinnen und -Ministern für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung im Rat angenommen. In diesem Kontext begrüßen die beiden EWSA-Mitglieder in ihrem Entwurf den neuen Handlungsrahmen zwar prinzipiell, forderten aber eine stärkere Verankerung des Maßnahmenpakets in der Zivilgesellschaft.

Die Intention der Verankerung des Maßnahmenpakets in der Bevölkerung besteht darin, die Europäerinnen und Europäer für die Bedeutung und Notwendigkeit eines stetigen Einsatzes für europäischen Werte wie Freiheit, Frieden und Demokratie zu sensibilisieren. Diese europäischen und demokratischen Werte auch in der Zukunft zu sichern, wird nach der gewaltsamen Zerstörung der europäischen Friedensordnung durch Russland höhere Militärausgaben zwingend notwendig machen. Es sei also fundamental, dass die EU die Bürgerinnen und Bürger durch die gesellschaftlichen Institutionen in den Prozess der Aufrüstung im Kontext des Strategischen Kompasses miteinbeziehe, um Akzeptanz und Unterstützung dafür zu schaffen – und dass obwohl es auch dringende Probleme sozialer, ökologischer oder sonstiger Natur in den Mitgliedstaaten gibt.

Besonders wichtig sei aber auch, dass in einer künftigen EU-Sicherheitsstrategie langfristig auch der präventive und zivile Ansatz stärker als im aktuellen Strategischen Kompass ins Gewicht fallen müsse. Schließlich habe die EU eine Verantwortung Frieden präventiv zu fördern. Gesellschaftliche Kräfte, wie Jugend-, Wirtschafts- und Sozialverbände, haben in dieser Gemeinschaftsarbeit eine wichtige Brückenfunktion, indem sie Verbindungen über Grenzen schaffen, auf deren Basis Feindseligkeiten, Desinformation und gewaltsamen Außereinandersetzung keinen Nährboden finden. 

Außerdem unterstreicht der EWSA, das als beratendes Gremium für den Rat, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament im Gesetzgebungsprozess fungiert, dass jegliche zukünftige Sicherheitsarchitektur nicht nur eine europäische Lösung sei. Diese Sicherheitsarchitektur könne nur mit Einbeziehung der transatlantischen Partner, insbesondere der Nato und dem Sicherheitsgaranten USA, gelingen. Des Weiteren kritisiert die EWSA die nationalen Strukturen der europäischen Rüstungsindustrie, die es durch eine weitere Stärkung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (im Englischen: Permanent Structured Cooperation, PESCO) zu überwinden gelte, um die Kosteneffizienz, Interoperabilität und damit effektive militärische Abschreckung der europäischen Streitkräfte zu erhöhen. 

Die Initiative-Stellungnahme wird in den Gremien des EWSA weiter beraten und soll Mitte Januar im Plenum des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedet werden.