Standpunkt der Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe: Nach dem Haircut – Keine Atempause in der Staatsschuldenkrise
Zu den aktuellen Entwicklungen nach dem Haircut in Griechenland haben die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe Stellung bezogen.
Zusammenfassende Thesen für die zukünftige Strategie zur Bekämpfung der Schuldenkrise
Die Grundsatzentscheidung, dass weiterhin Hilfsmittel an die Programmländer fließen, ist bereits getroffen. Eine Umkehr auf halber Strecke darf es nicht geben. Die Erfolgsaussichten sind für alle anderen betroffenen Länder ungleich höher als für Griechenland – wenn auch nicht sicher.
Die finanzielle Ausstattung von EFSF und ESM muss ausreichend sein, den Finanzbedarf der Programmländer für mehrere Jahre abzudecken und die notwendigen Reformen für die Bevölkerung zumutbar zu gestalten. Daneben muss sie im Fall einer erneuten Zuspitzung der Krise eine glaubwürdige Brandschutzmauer darstellen. Auf diese Weise wird auch die EZB aus ihrer derzeitigen Rolle entlassen.
Neben den reinen Finanzhilfen müssen verstärkt Wachstumsstrategien in den Peripherieländern gefördert werden, die die notwendigen Strukturreformen flankieren. Hierbei geht es nicht primär um die Bereitstellung zusätzlicher Mittel, sondern um eine sinnvolle Verwendung, um das Ziel der Wiedererlangung der Schuldentragfähigkeit zu erreichen.
Neben den Hilfen muss die Anpassung energisch weiter verfolgt werden, um einer Reformmüdigkeit in den Problemländern entgegenzuwirken. Allein aus diesem Grund muss die quartalsweise Überprüfung der Reformprozesse beibehalten werden und Hilfen dürfen nur im Falle eines positiven Befundes zur Auszahlung kommen.
Die Beteiligung privater Gläubiger bei der Umschuldung Griechenlands hat – gewollt oder nicht gewollt – dazu geführt, dass Investoren in Zukunft sehr viel genauer die Kreditwürdigkeit von Ländern analysieren werden. Letztlich wird somit die Disziplinierungskraft der Kapitalmärkte gestärkt, die bei der aktuellen Schuldenkrise zu spät einsetzte.
Um die Prozesse auch für private Investoren glaubwürdig zu gestalten und den betreffenden Ländern damit wieder dauerhaft Zugang zu den Finanzmärkten zu verschaffen, müssen Griechenland, die Troika und alle weiteren Länder der Europäischen Währungsunion regelmäßig deutlich machen, welche Fortschritte bei der Reform der Wirtschaft und der Konsolidierung der Haushalte erzielt werden. Dies den Steuerzahlern zu vermitteln, ist ein Gebot der Ehrlichkeit, denn ihr Geld steht ohnehin im Risiko – sei es über die Hilfsfonds oder die EZB.
Die Politik der EZB hat zweifellos zu einer kräftigen Entspannung an den Finanzmärkten beigetragen. Allerdings hat sich die Notenbank durch die beiden Dreijahrestender, die mittlerweile rund 90% aller über die EZB aufgenommenen Refinanzierungsmittel ausmachen, erheblich an geldpolitischer Flexibilität beraubt. Die EZB sollte in der zweiten Jahreshälfte verbal darauf hinwirken, dass die Banken einen Teil der Dreijahresliquidität nach Ablauf eines Jahres zurückgeben, falls die Marktlage bis dahin weiter stabil bleibt. Darüber hinaus sollte sie einheitliche Sicherheitenkriterien schaffen und damit die neu geschaffene Heterogenität des Sicherheitenrahmens eindämmen (möglicherweise mit Übergangsfristen).