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TID | Hinweisgeberschutz: Blauer Brief aus Brüssel droht

Heute läuft die Frist zur Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie ab. Im europaweiten Vergleich gehört Deutschland zu den Schlusslichtern, denn im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedstaaten hat Deutschland die Richtlinie noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Auch darüber hinaus existiert bislang in Deutschland keine Gesetzgebung zum Schutz von Hinweisgeber:innen.

Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland fordert die neue Bundesregierung auf, das Thema zu priorisieren und zeitnah ein umfassendes Gesetz zum Schutz von Hinweisgeber:innen zu beschließen. Dazu erklärt Dr. Sebastian Oelrich, Co-Leiter der Arbeitsgruppe Hinweisgeberschutz von Transparency Deutschland:

„Dass Deutschland es nicht geschafft hat, die EU-Whistleblower-Richtlinie fristgerecht in deutsches Recht umzusetzen, ist ein Armutszeugnis. Die meisten europäischen Staaten sind schon weiter. Es droht ein Vertragsverletzungsverfahren und damit ein blauer Brief aus Brüssel. Aber es gibt Hoffnung, da im Koalitionsvertrag eine Umsetzung angekündigt ist. Wir fordern die neue Bundesregierung auf, diese Chance zu ergreifen und zeitnah ein Gesetz auf den Weg zu bringen, um Hinweisgeber:innen umfassend zu schützen.

Die neue Bundesregierung hat die Chance, ein echtes Zeichen für einen gesellschaftlichen Aufbruch zu setzen, indem sie Menschen schützt, die mit Zivilcourage und im Interesse der Allgemeinheit missbräuchliches Verhalten aufdecken. Dabei darf es keinen Minimalkompromiss geben, denn Hinweisgeber:innen genauso wie Unternehmen und Behörden brauchen Klarheit und Rechtssicherheit. Wir müssen alle Personen schützen, die Hinweise geben auf Verstöße gegen deutsches Recht sowie auf weiteres Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im allgemeinen öffentlichen Interesse liegt.“

Hintergrund

Im Oktober 2019 hat die Europäische Union die Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Richtlinie (EU) 2019/1937), verabschiedet. Europaweit haben bisher nur fünf Mitgliedstaaten die Richtlinie umgesetzt, in 14 Mitgliedstaaten liegen zumindest Gesetzentwürfe vor. Eine Übersicht finden Sie hier. Die Mitgliedstaaten waren verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren gesetzliche Regelungen zu schaffen, die Hinweisgeber:innen vor Repressalien schützen. Diese müssen mindestens den Anforderungen der Richtlinie entsprechen.

Transparency Deutschland fordert die Bundesregierung auf, darüber hinaus zu gehen und ein einheitliches und alle Rechtsbereiche umfassendes Gesetz zum Schutz von Hinweisgeber:innen einzuführen. Das ist auch nötig, um das entsprechende Zivilrechtsübereinkommen des Europarats umzusetzen und dessen Ratifizierung in die Wege leiten zu können. Darüber hinaus setzt sich Transparency Deutschland unter anderem dafür ein, einen Unterstützungsfonds zum Ausgleich von Repressalien gegen Hinweisgeber:innen einzuführen.