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Wirtschaft & Finanzen

Über Meseberg nach Brüssel | EBD De-Briefing Rat Wirtschaft und Finanzen

Unzählige Gipfeltreffen überschatteten die Tagung des Rats Wirtschaft und Finanzen der EU, die am 22. Juni 2018  in Luxemburg stattfand.  Den deutsch-französischen Vorstoß zur Reformierung der Europäischen Union haben Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Meseberger Erklärung vom 19. Juni geliefert. Schon im Voraus erarbeiteten die deutschen Fachminister gemeinsam mit den französischen Amtskollegen Ressortpapiere, die in die Erklärung einflossen. Nachdem das Kennenlernen nun stattgefunden hat, ist der Weg für eine konstruktive Zusammenarbeit geebnet. Vor allem aber wurden Uneinigkeiten über die Auslegung eines Eurozonen-Budgets ausgeräumt: Deutschland und Frankreich befürworten die Bereitstellung von Krediten bei asymmetrischen Schocks. Das heißt, dass EU-Mitgliedstaaten, die unverschuldet in eine Krise oder schwere Rezession geraten, durch Kredite stabilisiert werden sollen. Ein solcher Stabilisierungskredit könnte vom Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) bereitgestellt werden – unter der Prämisse, dass dafür ein neues Instrument geschaffen wird.
Diskutiert wurde ebenfalls über finanzielle Reformanreize , ein sogenanntes Reform Delivery Tool, welches aus dem EU-Haushalt gespeist werden soll. Dieses Instrument soll Länder finanziell bei hiesigen Reformprozessen unterstützen. Dazu schlug die Europäische Kommission ein Budget für Eurozonenländer und ein zweites für externe EU-Länder außerhalb der Eurozone vor. Dieses Budget müsste auch nicht von allen Mitgliedsstaaten, sondern kann auch von Teilgruppen wie den 19 Eurozonenstaaten finanziert werden.  Jedoch wurde die Erklärung zu Meseberg nicht alleinig mit Jubel begrüßt. Skeptisch zeigen sich besonders die Niederlande, die gemeinsam mit 9 weiteren Staaten Kritik am deutsch-französischen Papier äußerten. Denn die Notwendigkeit für eine solche Stabilisierungsfunktion erkennen diese EU-Staaten bisher noch nicht. Deutschland und Frankreich haben die Initiative ergriffen und bieten Vorschläge für die Ausgestaltung der Eurozone an. Nun liegt es in der Hand der EU-Institutionen inwiefern diese Bestrebungen aufgegriffen werden.

 

Neue Souveränität für Griechenland 
Am Rande des EcoFin Rates verabschiedete die Eurogruppe zahlreiche Beschlüsse über die zukünftige Ausgestaltung der Griechenland-Rettung, der nach 8 Jahren ein Ende bevorsteht. Um nach 8 Jahren wieder zu vollständiger finanzieller Souveränität zurückzugelangen, bekommt das hoch verschuldete Krisenland zum Abschluss noch einmal frische Milliardenkredite und Schuldenerleichterungen. Ein fixes Datum existiert auch: Nach dem 20. August soll es dann finanziell wieder auf eigenen Beinen stehen. Die kleine Eurogruppe bestätigte, dass Griechenland die letzten 88 Maßnahmen umgesetzt hat, welche Voraussetzung für die Auszahlung der Tranche war. Konkret soll Griechenland noch eine letzte Tranche von 15 Milliarden Euro aus dem seit 2015 laufenden dritten Rettungsprogramm bekommen und mit einem Finanzpolster in die Zeit starten, wo es sich wieder am Kapitalmarkt finanzieren muss. Die Laufzeit griechischer Kredite des Zweiten EFSF-Programms soll laut dem Beschluss der Eurogruppe um 10 Jahre tilgungsfrei gestreckt werden. Davon soll ein sogenannter Cash-Puffer in Höhe von 5 Milliarden Euro angelegt werden, um die Rückkehr an den Markt zu erleichtern. Zudem sollen Griechenland die EZB-Gewinne für griechische Staatsanleihen zur Verfügung gestellt werden – Diese sollen in gleichen Tranchen für die nächsten 5 Jahre an das Land ausgegeben werden. Die halbjährige Vergabe fungiert damit gleichsam als Hebel zur Reformüberprüfung. Ebenfalls wurde beschlossen, dass ein weiteres EFSF-Programm in Höhe von 1,6 Milliarden Euro nicht von Nöten ist, da sich die Fiskallage stark verbessert hat.  Auch der Bundestag, hier der Haushaltsausschuss,  gab den Tranchen bereits grünes Licht und stimmte am Freitag für den Beschluss der Eurogruppe. Überdies muss das Plenum nun die Änderungen der Kreditbedingungen absegnen.

Eine europäische Arbeitslosenversicherung?
Darüber hinaus wird Frankreich aus Defizitverfahren des Stabilitäts- und Wachstumspaktes entlassen. Das zentrale Konvergenzkriterium für alle Mitglieder der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ist die Begrenzung der erlaubten staatlichen Neuverschuldung auf 3 % des Bruttoinlandsprodukts. Wird diese Grenze überschritten, kann die EU-Kommission ein solches Defizitverfahren einleiten.
Neben der Debatte um die Modernisierung des Mehrwertsteuersystems und seine Anpassung an die Herausforderungen der Betrugsbekämpfung wird auch ein Stabilisierungsfonds für Arbeitslosenversicherungen nach amerikanischem Vorbild  derzeit heiß diskutiert. Demnach soll ein Fonds die nationalen Arbeitslosenversicherungen unterstützen. Dieser kann aktiviert werden, wenn die Arbeitslosigkeit in einem EU-Staat in Folge einer Rezession von den nationalen Versicherungen nicht mehr getragen werden kann. Doch vorerst müssen in allen Mitgliedsstaaten vergleichbare Versicherungssysteme geschaffen werden; auch die Lohnniveaus gehen zwischen den Mitgliedsstaaten stark auseinander. Insofern bleibt eine europäische Arbeitslosenversicherung vorerst in ferner Aussicht. 

Am 22. und 23. Juni 2018 haben sich die Wirtschafts- und Finanzminister der Europäischen Union zu einer Tagung des Rats der Europäischen Union (Wirtschaft und Finanzen) in Brüssel getroffen. Dazu hat die Europäische Bewegung Deutschland e.V. am 25. Juni 2018 ein De-Briefing veranstaltet, an der 60 eingeladene Gäste ihre Fragen zur Wirtschafts-und Währungsunion stellten. Thomas Westphal, Abteilungsleiter Europa im Bundesfinanzministerium, hat die Gäste über die Ereignisse des Rates informiert. Moderiert wurde die Veranstaltung von EBD-Generalsekretär Bernd Hüttemann, der zudem Vizepräsident der Europäischen Bewegung International (EMI) ist.