VDA: „EU-Pläne zur Verkehrsverlagerung und zu höherer Dieselbesteuerung sind Anlass zur Sorge“
Anlässlich eines Besuchs in Brüssel hat Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), die Vorstellungen der EU bezüglich einer Verlagerung des Güterverkehrs sowie zu einer höheren Energie-besteuerung kritisiert.
"Das neue Weißbuch zur Verkehrspolitik der EU-Kommission unter-streicht zwar, dass eine Einschränkung von Mobilität keine politische Option sein kann", sagte Wissmann in seiner Rede auf dem Europasymposium des Wirtschaftsrats der CDU. "Die verkehrspolitischen Grundsätze der Kommission sind jedoch bedauerlicherweise nicht frei von dem Versuch, am grünen Tisch ‚guten‘ und ‚schlechten‘ Verkehr zu unterscheiden." Eine pauschale Verteuerung des Verkehrs würde aber am Ende alle treffen "und die Wettbewerbsfähigkeit des Industrie- und Logistikstandorts Europa nachhaltig beschädigen", führte Wissmann aus.
So sollen nach den aktuellen EU-Plänen 30 Prozent des Lkw-Verkehrs ab 300 Kilometern bis 2030 auf Schiene und Wasserstraße verlagert werden, bis 2050 soll es die Hälfte sein. Die Automobilindustrie sei ein großer Kunde des Schienengüterverkehrs, so Wissmann. "Aber nicht dirigistische Verlagerungsvorgaben sind der richtige Weg, die Schiene zu stärken, sondern der weitere Ausbau des Binnenmarktes auf der Schiene – echter freier Marktzugang, faire Wettbewerbsbedingungen, technische Einheitlichkeit." Auch habe es wenig Sinn, mehr Verkehr auf die Schiene verlagern zu wollen, solange dort die Kapazität fehle.
"Große Sorgen" bereiteten der Automobilindustrie nach Wissmanns Worten auch die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission zur Energiebesteuerung. Demnach soll künftig ein höherer Mindeststeuersatz für Diesel als für Benzin gelten. In Deutschland müsste der Steuersatz für Diesel – bei unverändertem Steuersatz für Otto-Kraftstoffe – um 60 Prozent auf 75 Cent pro Liter angehoben werden. Komme es infolgedessen zu einem Einbruch der Nachfrage nach Dieselfahrzeugen, "würde das die CO2-Zielerreichung im Straßenverkehr gefährden", warnte Wissmann. Bereits die Diskussion über die Kommissionsvorlage habe zu Verunsicherung der Kunden geführt. Aus Sicht der Wirtschaft würden die Pläne zu einem drastischen Anstieg der Transport- und Logistikkosten führen und so den Standort Europa im internationalen Wettbewerb schwächen. Wissmann: "Die Kommission sollte sich daher dringend von diesen Überlegungen verabschieden. Wir begrüßen es sehr, dass sich die Bundesregierung bereits klar gegen diese Vorschläge positioniert hat."
Wissmann erinnerte daran, dass die EU-Kommission bei ihrem Vorschlag zu einer CO2-Regulierung für leichte Nutzfahrzeuge Vorstellungen zugrunde gelegt hatte, "die das technisch und ökonomisch Machbare aus den Augen verloren hatten". Erst Parlament und Rat hätten hier für eine Korrektur auf ein "zwar weiter sehr anspruchsvolles, aber nicht völlig aus der Luft gegriffenes Niveau gesorgt".
Die Wirtschaft habe ein Eigeninteresse an der permanenten Optimierung der Verkehrsströme, unterstrich der VDA-Präsident. So seien die Leerfahrtenanteile im Straßengüterverkehr in Deutschland seit den 1990er-Jahren um rund ein Drittel zurück-gegangen. Eine verbesserte Containerauslastung führe gleichzeitig zu einer deutlichen Verringerung des Seecontainer-Transports im Asien-Verkehr deutscher Automobilhersteller. "Darüber hinaus unternimmt die deutsche Automobilindustrie erhebliche eigene Anstrengungen für den Klimaschutz." Dazu zählten Maßnahmen zur Minderung des Kraftstoffverbrauchs bei konventionellen Antrieben, die Unterstützung eines vermehrten Einsatzes von Biokraft-stoffen, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stünden, sowie der Hybridantrieb und die Elektromobilität. Wissmann: "Unser langfristiges Ziel bleibt das Null-Emissionsfahrzeug." Allein für alternative Antriebe und Kraftstoffe investiere die deutsche Automobilindustrie in den nächsten drei bis vier Jahren rund 10 bis 12 Mrd. Euro.