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VEJ: Sorge vor „Berlusconisierung“ europäischer Medien

Der besorgniserregende Zustand der Pressefreiheit in Europa stand auch diesmal im Mittelpunkt der Diskussionen auf der Tagung der Vereinigung „European Journalists“ (EJ) in Opatija/Kroatien. Der Präsident der EJ, Prof. Dr. Paolo Magagnotti, bezeichnete die Lage besonders in den südosteuropäischen Ländern als „zunehmend kritisch“.

Nicht nur in Bulgarien, Rumänien und Ungarn werde mit üblen Methoden gegen die Regeln der Pressefreiheit verstoßen.
Hauptredner auf der Tagung war der Präsident der Europäischen Bewegung International (EMI), der Europaabgeordnete Jo Leinen. Vor den über 80 Delegierten – darunter zahlreiche kroatische Gäste aus Politik und Medien – plädierte er für mehr Solidarität innerhalb Europas bei der Lösung aktueller Wirtschafts- und Finanzprobleme. Es müsse alles getan werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der südeuropäischen Länder wie Griechenland, Spanien oder Italien zu verbessern. Die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit würden ganz oben auf der Agenda bis zum Ende der Legislaturperiode des Europaparlaments stehen, betonte Leinen. Zur Lösung der Finanzkrise forderte der EMI-Präsident eine zügige Vollendung der europäischen Bankenunion und die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.
Mit großer Sorge beklagten die Delegierten der European Journalists eine wachsende  „Berlusconisierung“ der europäischen Medienlandschaft. Als typisches und aktuelles Beispiel dafür wurde der tschechische Milliardär Andrej Babis genannt, er sei nicht nur Chef eines Firmenimperiums, sondern habe im letzten Halbjahr eine neue Partei gegründet und ein einflussreiches Medienunternehmen – von einem deutschen Verlag – übernommen. (Seine Partei ANO erreichte bei den tschechischen Parlamentswahlen fast 19 Prozent.) Nach Auffassung der EJ ist diese „Berlusconisierung“, also wenn sich wirtschaftliche Macht, politische Macht und Medienmacht zusammenballen, ein untragbarer Zustand. Die Europäische Journalistenvereinigung fordert deshalb eine strikte politische und möglichst in den Verfassungen verankerte Trennung, die solch eine Konzentration verhindert. In diesem Zusammenhang wurde auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union kritisiert, in der es lapidar heißt: „Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.“ Diese Formulierung ist nach Auffassung der EJ völlig unzureichend und müsse bei einer kommenden Reform der EU-Verträge geändert werden. Tatsächlich sollten alle EU-Mitgliedsstaaten aktiv für den Erhalt der Pressefreiheit eintreten. Dieses Grundrecht müsse „geschützt und gewährleistet werden“, forderte EJ-Vizepräsident Rotger H. Kindermann.
Ein Arbeitskreis der Tagung beschäftigte sich mit den Möglichkeiten des Tourismus‘ in dem neuen EU-Mitgliedsland. Wie schon 2012 wird auch in diesem Jahr die kroatische Tourismusbranche erneut Rekordeinnahmen verbuchen können. In den engen Gassen der pittoresken Städte der istrischen Halbinsel wie Pula, Rovinij oder Portoroz gab es in diesem Sommer fast kein Durchkommen mehr. Dennoch, so betonte ein Experte, müsse Kroatien erheblich in die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Tourismusbranche investieren. Die Diskussion zeigte, dass eine Frage an vielen Ferienorten, so auch in Opatija, noch geklärt werden muss. Will sich Kroatien auf das touristische Massengeschäft (insbesondere preiswerte Busreisen) konzentrieren, oder lieber ein qualitativ anspruchsvolles Angebot mit den Schwerpunkten Wellness, Sport oder Kultur offerieren. Kroatien verfügt über eine einmalige landschaftliche Schönheit mit 1.200 Inseln. Dabei sind oft die mangelnde Infrastruktur und die Erreichbarkeit potentieller Ferienparadiese eines der größten Probleme. Verbesserungen erhofft man sich durch die Einrichtung einer neuen Fluglinie, die touristisch frequentierte Inseln und das Festland mit Wasserflugzeugen verbinden will. Ob dieser Vorschlag eines privaten Investors nach dem EU-Beitritt politischen und finanziellen Rückenwind erfährt, wird die Zukunft zeigen.