Vom College of Europe fürs Berufsleben lernen | Career Days 2016
Ausklang des Studienjahres für die frisch gebackenen Alumni 2016, Einstimmung in das Studium für die „Neuen“ und Einblick in verschiedene EU-Berufsfelder – all dies boten die Karrieretage des College of Europe am 29./30. Juni 2016 in Berlin. 45 Teilnehmende und 20 Referenten waren sich einig: „Die Zeit am College ist aus fachlicher und privater Sicht ein einzigartiges Jahr.“
Unter der Moderation von Karoline Münz, stellvertretende Generalsekretärin der EBD und College Alumna 2007, blickten die Alumni des Jahrgangs 2015/16 auf das Studienjahr zurück, wobei diskutiert wurde, wie die Lehre und Betreuung der Studierenden noch verbessert werden könne: Mehr praktische Studienanteile, eine bessere Sprachförderung durch Sprachkurse auf allen Niveaus, weniger Deadlines für Essays und Policy Papers, dafür mehr Zeit für außercurriculare Veranstaltungen – so lauteten die Anregungen der Absolventinnen und Absolventen. Bei aller Kritik wurde aber sehr deutlich, was das Studium am College von anderen Masterprogrammen unterscheidet: Der Zusammenhalt der Studierenden, das große Angebot von Netzwerkveranstaltungen und die Konferenzen mit prominenten Rednern.
Im Anschluss an diesen Rückblick begrüßte Bernd Hüttemann, Generalsekretär der EBD, die College- Alumni 2016 und die inzwischen hinzu gekommenen zukünftigen Studierenden. Er beleuchtete den Stellenwert politischer Eliten in Europa, machte aber ebenfalls deutlich, dass die gesamte europäische Gesellschaft am Projekt EU mitarbeiten müsse. Danach stellten die Alumni den „Neuen“ ihre jeweiligen Studiengänge vor, wobei sich einige Gemeinsamkeiten herausstellten: die klare Strukturierung des Studiums, die größere Kurs-Wahlfreiheit im zweiten Semester und das vielfältige Angebot an Studienreisen.
Wie Absolventen das am College Gelernte in das Berufsleben erfolgreich einbringen können, zeigten Sophie Heitz und Mattis Weller von der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena), die die Bundesregierung bei ihrer energiepolitischen Strategie unterstützt. Heitz, die nach beruflichen Stationen in London, Brüssel und Berlin seit Kurzem bei der dena arbeitet, machte deutlich, was für den Berufseinstieg wirklich wichtig ist: Die Fähigkeit, in verschiedenen Sprachen arbeiten zu können und praktische Berufserfahrungen. Weiterhin ermunterte sie die neuen College-Alumni sich von hohen fachlichen Anforderungen bei Stellenausschreibungen nicht von der Bewerbung abschrecken zu lassen.
Mit den deutschen @collegeofeurope Alumni 2015/16 und den neuen Stipendiaten auf #EuKarriere Tingeltour durch Berlin pic.twitter.com/wJQ3QgEmzC
— Karoline Münz (@karolinho) June 29, 2016
Nach einem gemeinsamen Mittagessen im Paulinenhof und einem Spaziergang zum Auswärtigen Amt trafen die Teilnehmenden dort auf Kim-Mailin Weinrich, stellvertretende Ausbildungsleiterin höherer Dienst, Marius Osswald aus dem Büro des Europäischen Korrespondenten und Arne Schneider, Referent im Referat Migration. Von der „beauty of the Gittermappe“ als Ausdruck für die Notwendigkeit der Bürokratie bis hin zum Verhältnis zwischen Auswärtigem Amt und Europäischem Auswärtigen Dienst reichten die Diskussionsthemen. Im Mittelpunkt stand natürlich das Bewerbungsverfahren beim Auswärtigen Amt. Dabei wiesen die Referenten auf die Möglichkeit hin, sich auf Sonderausschreibungen mit leichteren Prüfungen als beim klassischen Bewerbungsverfahren bewerben zu können. Diese sogenannten „Flumis“ erhielten eine auf zwei Jahre befristete Beschäftigung. Schließlich machte Andrea Befort aus dem Referat für Personalpolitik und Dienstrecht in der EU auf den Newsletter „Eine Karriere in Europa“ aufmerksam, der nicht nur Informationen zum EU Concours liefert, sondern auch Ausschreibungen des Auswärtigen Amts enthält.
Zurück in den Räumen der EBD erwartete die Teilnehmer ein spannendes Gespräch mit vier weiteren College-Alumni. Paweł Tokarski von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), die die deutsche Regierung berät, berichtete von seiner Tätigkeit im Forschungsbereich Wirtschaft und politische Steuerung. Für seine Hauptaufgabe, das Verfassen von politischen Analysen, sei ein Doktortitel zwingend erforderlich, merkte er an. Lioba Donner, Schuman-Trainee in der Generaldirektion Externe Politikbereiche des Europäischen Parlaments, stellte das Carlo-Schmid-Programm und die Schuman Traineeships als Möglichkeiten vor, ein Praktikum in internationalen Organisationen zu absolvieren. Ein großer Pluspunkt dieser Programme sei das große Netzwerk der Stipendiaten. In welcher Generaldirektion ein Trainee in der Europäischen Kommission lande und welche Aufgaben man übernehmen könne, sei ein „Glücksspiel“, meinte Johannes Börmann, Policy Assistant bei der EU-Koordinatorin für den Kampf gegen Antisemitismus in der Europäischen Kommission. Der Spielraum sei zum Beispiel für die Generaldirektion Bildung und Kultur eher gering. Börmann stellte ebenso Unterschiede in der Arbeit bei einer deutschen Behörde und der Europäischen Kommission heraus. So seien Ausstattung und Technik der Kommissions-Büros sehr modern und der Altersdurchschnitt in den einzelnen Units relativ hoch. Dass Praktika eine ausgezeichnete Einstiegsmöglichkeit sind, bestätigte auch Philip Hoffmann, Doktorand an der Université Pantheon Sorbonne und Kundenberater bei Union Investment Luxembourg. Er betonte, dass College-Absolventen die größte Absolventengruppe innerhalb der EU-Institutionen bildeten. Er ermunterte die Alumni dazu, dass es gerade für College-Absolventen Chancen in den EU-Institutionen gäbe, die man nutzen solle. Bei Bier, Wein und Brezeln unterhielten sich die College-Alumni anschließend beim Stammtisch im Hof der EBD über Berufliches und Persönliches.
Abendstimmung im Europahof. @collegeofeurope Alumni-Sommerstammtisch in Berlin. Informell und inklusiv. #EUKarriere pic.twitter.com/BNVmr8iqvU
— Karoline Münz (@karolinho) June 29, 2016
Tag 2 der Karrieretage begann mit dem EBD De-Briefing Europäischer Rat, der vom Brexit geprägt war. Vom De-Briefing im neu eröffneten Europäischen Haus ging es direkt zum Paul-Löbe Haus des Deutschen Bundestags, wo mit Tobias Frey ein Absolvent des Master of European Law auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wartete. Frey, der nach seinem Referendariat beim Amtsgericht in Schöneberg im Referat für Europapolitik des Bundesministeriums der Finanzen arbeitete, sah einen Vorteil für College-Absolventen bei einschlägigen Kanzleien in Brüssel. Überzeugen könnten Absolventen mit einem Schwerpunkt auf Kartell- und Beihilfenrecht und Recht im regulativen Bereich, worauf auch das College seinen Fokus lege. Seit kurzer Zeit ist Frey bei der EBD-Mitgliedsorganisation Bundesverband deutscher Banken beschäftigt. Seine Arbeit als Referent im Fachbereich „Recht“ beschrieb er als weit überwiegend rechtsberatende Tätigkeit.
Dass Karrierewege sich nicht immer planen lassen, sondern manchmal Glück, Zufall vor allem aber Eigeninitiative zu verdanken sind, zeigte das Beispiel von Carolin Lanzke. Nach einer Podiumsdiskussion am „Tag der offenen Tür“ im Bundestag hatte sie einen Panelisten angesprochen, weil sie ihn gut fand. Wenig später stellte dieser SPD-Abgeordnete sie als Leiterin seines Wahlkreisbüros in Heidelberg ein. Seit einem Jahr gehört Lanzke als Wissenschaftliche Mitarbeiterin dem Berliner Büro von Dr. Karin Thissen an. Obwohl sich die Natolin-Alumna in ihrer aktuellen Position kaum mit europäischen Themen beschäftigt, habe das College sie gut auf die Arbeit im Bundestag vorbereitet. An beiden Stellen sei es wichtig, mit Zeitdruck und ganz unterschiedlichen Menschen umgehen zu können.
Zwar eng mit dem politischen Betrieb in Kontakt, aber nicht direkt mittendrin im „Zentrum der Macht“ sind Olaf Wientzek und Benedict Göbel von der EBD-Mitgliedsorganisation Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Die Nähe zur Politik, ohne selbst politscher Akteur zu sein, bringe laut Göbel den großen Vorteil mit, freier denken und freier Politikempfehlungen aussprechen zu können. Sein Kollege Wientzek, der nach fast sieben Jahren im Europabüro der KAS seit Anfang des Jahres Koordinator für Europapolitik ist, stellte die Teilnehmenden auf ein arbeitsreiches Studienjahr ein und bereitete sie darauf vor, auf viele Menschen mit denselben Interessen zu treffen. Nach typischen Rekrutierungswegen der KAS befragt, gaben Göbel und Wientzek an, dass ein Einstieg über ein Praktikum oder auch eine Initiativbewerbung zum Erfolg führen kann. Auch das Trainee-Programm der KAS, das eine längere Station in einem Auslandsbüro der Stiftung vorsehe, sei eine große Chance, um Zugang zu politischen Akteuren zu erhalten und inhaltlich viel zu lernen.
Nach zwei Tagen voller Austausch, Eindrücke und Begegnungen endeten die Karrieretage 2016 in der Reichstagskuppel des Deutschen Bundestag mit einem erweiterten Netzwerk und der Gewissheit, dass die meisten Absolventen des College of Europe nach dem Abschluss eine spannende Stelle finden dürften.