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Was Europa von Deutschland erwartet | Austausch mit den Vorsitzenden der Europäischen Bewegungen in Deutschlands Nachbarländern

„Die EBD ist davon überzeugt, dass eine ‚European Public Diplomacy‘, die jenseits von staatlichen Akteuren den grenzüberschreitenden Austausch mit gesellschaftlichen Kräften sucht, einen strukturellen europaweiten Dialog fördern kann, der eine entscheidende Voraussetzung für die europäische Demokratie ist.“ Mit diesen Worten setzte EBD-Präsidentin Dr. Linn Selle den Kurs für die Videokonferenz zum Start der EBD-Netzwerkwoche vor der Mitgliederversammlung am Freitag. Wie ein solcher europäischer Dialog aussehen kann, demonstrierte ihr anschließendes Gespräch mit den Vorsitzenden der Europäischen Bewegungen Dänemarks, Frankreichs und Polens. Selles österreichischer Kollege Dr. Christoph Leitl steuerte eine Videobotschaft zur Veranstaltung bei.

Stine Bosse, Präsidentin der Europäischen Bewegung Dänemark, Marcin Święcicki, Präsident der Europäischen Bewegung Polen und Yves Bertoncini, Präsident der Europäischen Bewegung Frankreich, zogen eine überwiegend positive Zwischenbilanz der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Insbesondere das Krisenmanagement der Corona-Pandemie und die Bemühungen bei den Verhandlungen für den nächsten EU-Haushalt unter der deutschen Ratspräsidentschaft wurden hervorgehoben. Doch es waren auch mahnende Töne zur deutschen EU-Politik zu hören. Diese bezogen sich überwiegend auf außenpolitische Angelegenheiten. Die Vorsitzenden der Europäischen Bewegungen äußerten den Wunsch nach größeren und verstärkten außenpolitischen Absprachen sowie einer klareren gemeinsamen Positionierung unter den EU-27, die auch von Deutschland initiiert werden können. In diesem Zusammenhang brachte Bertoncini die Türkei ins Spiel, während Święcicki auf Russland verwies. Stine Bosse äußerte sich enttäuscht darüber, dass Deutschland keine klarere Haltung zu den europäischen Werten bei der Debatte zur Verknüpfung der EU-Haushaltsmitteln mit den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit zeigt.  

Als nicht nur deutsches Problem wurde die Berufung auf die nationale Souveränität identifiziert. Zwischen den Panelisten entstand eine angeregte Debatte, die sich mit Außenwirkung der EU, ihrer Mehrebenen-Verschränkungen mit nationaler Politik und der Frage beschäftigte, ob bei den EU-Bürgerinnen und Bürgern der Gedanke „Zusammen sind wir stärker“ ausgeprägter ist als in den nationalen Regierungen. Święcicki verwies auf eine Studie des Europaparlaments, laut der über 70 Prozent der polnischen Bevölkerung eine stärkere Verknüpfung der europäischen Förderprogramme an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien befürworten. Insbesondere deshalb haben, so die Meinung der Panelisten, die Europäischen Bewegungen die Aufgabe, pan-europäische Lösungen in den Fokus zu stellen, Gemeinsamkeiten aufzuzeigen und die Themen aufzugreifen, die medial weniger Beachtung finden.

Die Impulse aus den Schwesterverbänden unter dem Dach der Europäischen Bewegung International (EMI) wird die EBD auch für die Neuausrichtung ihrer eigenen Politik nutzen. Die Mitgliederversammlung am Freitag wird u.a. den vom Vorstand vorgelegten Beschlussvorschlag für die EBD-Politik, die politischen Prioritäten und die Arbeitsschwerpunkte des Vereins diskutieren.