WPK: Stellungnahme über das Grünbuch zur Abschlussprüfung
Wirtschaftsprüferkammer (WPK) unterstützt die Konsultation der EU-Kommission in allen die Prüfungsqualität steigernden Bereichen
Die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) befürwortet die Konsultation derEuropäischen Kommission, im Zuge der Aufarbeitung der Finanzkrise zahlreiche Bereiche der Abschlussprüfung zu diskutieren. Damit unterstreichtdie Europäische Kommission die Bedeutung der Abschlussprüfung für das Funktionieren der Finanzmärkte. „Die Wirtschaftsprüferkammer unterstützt jede Initiative zur weiteren Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfung“, sagt Norbert Pfitzer, Präsident der Wirtschaftsprüferkammer. „Dabei ist aber gleichzeitig die Qualität der Rechnungslegung kritisch zu hinterfragen.“ Die Wirtschaftsprüferkammer wird sich mit den einzelnen Themenbereichen des Konsultationspapiers noch eingehend befassen und ihre Positionen in einerStellungnahme veröffentlichen.
Eine Qualitätsverbesserung kann beispielsweise durch eine Intensivierung der Zusammenarbeit von Abschlussprüfer und Aufsichtsrat erfolgen. Die Rolle des Abschlussprüfers als Gesprächspartner für die Einschätzung von Risiken, die sich zwar nicht unmittelbar auf den aktuellen Jahresabschluss auswirken, aber eventuell in der Zukunft realisieren werden, könnte gestärkt werden. Dazu könnte eine „best practice“ zur Identifikation, Beurteilung und Kommunikation auch latenter Risiken zwischen Abschlussprüfer und Aufsichtsrat entwickelt werden. Dies setzt aber voraus, dass auch die Aufsichtsräte in einen aktiveren und intensiveren Dialog über diese Themen mit dem Abschlussprüfer eintreten.
Bewährt hat sich die in Deutschland übliche schriftliche Berichterstattung durch den Abschlussprüfer an den Aufsichtsrat im Prüfungsbericht („long form report“,im Gegensatz zum „short form report“ in anderen Ländern). Nachzudenken wäre über eine Anwendung dieses Berichtskonzepts auch in anderen europäischen Ländern. Im Grünbuch werden weitere Aspekte angesprochen, die allerdings in der
Vergangenheit schon eingehend diskutiert und auch wissenschaftlich untersucht wurden:
Trennung von Prüfung und Beratung
Die Selbstprüfung oder die Übernahme von Geschäftsführungsentscheidungen durch den Abschlussprüfer sind bereits jetzt in Deutschland unzulässig. Eine zulässige, ganzheitliche Beratung fördert jedoch die Kenntnis des Abschlussprüfers von dem zu prüfenden Unternehmen. Damit fällt es leichter, Schwachstellen und Risikoquellen im Unternehmen zu erkennen. Im Ergebnis steigt die Qualität der Abschlussprüfung (sog. „knowledge spillovers“). Mit dem Bilanzrechtsreformgesetz aus dem Jahr 2004 wurden in Deutschland die Unabhängigkeitsvorschriften für Abschlussprüfer von Unternehmen von öffentlichem Interesse (§ 319a HGB) verschärft, die Möglichkeit zur Beratung eingeschränkt. Dies ist aus Sicht der Wirtschaftsprüferkammer unverändert angemessen.
Eine vollständige Trennung der Abschlussprüfung von der zulässigen Beratung wäre für die Prüfungsqualität hingegen nicht förderlich und würde die Kosten erhöhen. Dies wäre insbesondere für den Mittelstand überzogen.Mittel- und langfristig führt dies auch zu einer geringeren Attraktivität des Prüferberufs für den hochqualifizierten Nachwuchs. Als Folge besteht auch hierbei die Gefahr einer Senkung der Prüfungsqualität im Zeitablauf.
Externe Rotation
Zwar ist ein Abschlussprüfer auch dann zu einer ordnungsgemäßen Prüfung in der Lage, wenn er ein neues Prüfungsmandat übernimmt, ihm fehlt zu diesem Zeitpunkt aber noch die genaue Kenntnis des zu prüfenden Unternehmens. Die Durchführung einer qualitativ hochwertigen Abschlussprüfung ist für den Prüferim Fall einer erstmaligen Prüfung infolge eines Wechsels der Prüfungsgesellschaft (externe Rotation) also ungleich schwerer, weil die Erfahrungswerte fehlen.Außerdem besteht das Risiko, dass bei einer Erstprüfung, sich wiederholende Muster, wie sie beispielsweise bei betrügerischen Handlungen vorkommen, nicht festgestellt werden können. Zudem kann ein externer Wechsel des Abschlussprüfers wegen steigender Prüfungsdauer zur Einarbeitung und Neuausrichtung der Prüfungshandlungen zusätzliche Kosten verursachen. Diese Erkenntnisse und der Eindruck des Parmalat-Skandals, der trotz der in Italien vorgeschriebenen externen Prüferrotation nicht verhindert werden konnte, trugen dazu bei, dass in der Abschlussprüferrichtlinie (2006/43/EG) aus dem Jahr 2006 eine externe Rotation nicht vorgeschrieben wurde. Österreich und Spanien haben eine bereits eingeführte externe Rotation inzwischen wiederabgeschafft.
Demgegenüber wird bei einem Wechsel des Prüfungsverantwortlichen (interne Rotation) der Verlust von mandatsspezifischen Erfahrungen vermieden und das Verständnis von den Unternehmensstrukturen erhalten, weil der neue verantwortliche Prüfer auf die Abeitsunterlagen seines Vorgängers zurückgreifen kann. Der Prüfer kann sich zügig einarbeiten und Besonderheiten des Mandats frühzeitig erkennen. Zu überlegen ist, wie die interne Rotation zukünftig fortentwickelt werden kann.
Joint Audit
Die Arbeitsteilung zweier Prüfungsgesellschaften kann sinnvoll sein, wenn die Abschlussprüfung bestimmte Spezialkenntnisse erfordert oder eine Fusion zweier prüfungspflichtiger Unternehmen stattgefunden hat. Es besteht allerdings auch die Gefahr von Kommunikationsproblemen der Abschlussprüfer untereinander sowie zwischen Prüfern und Mandanten. Im Übrigen ist empirisch nicht belegt, ob die gegenseitige Kontrolle im „joint audit“ die Qualität der Abschlussprüfung erhöht. Hinzu kommt, dass sich durch „joint audits“ die Abschlussprüfungskosten als Folge der zwischen den beiden Prüfern ergebenden Abstimmungsnotwendigkeit erhöhen.
Den Nachfragern nach Prüfungsleistungen steht es schon heute frei, „joint audits“ durch zwei Prüfer zu beauftragen. Würde dadurch eine höhere Qualität erreicht werden können, dann hätte sich dieses Modell gegenüber dem Einprüfer-Modell im Wettbewerb durchgesetzt. Das Gegenteil ist jedoch der Fall.
Prüferauswahl durch eine Regulierungsbehörde
Eine Auswahl des Abschlussprüfers durch eine Regulierungsbehörde würde den Bestrebungen zur Entbürokratisierung entgegenwirken. Fraglich wäre, ob eine Institution ohne Bezug zu der jeweiligen Branche, den Geschäftsprozessen des zu prüfenden Unternehmens und der Prüfungstätigkeit des Abschlussprüfers die nötige Kenntnis von den Rahmenbedingungen zur Ermittlung eines geeigneten Prüfers erlangt. Im Übrigen müsste auch eine solche Institution wiederum in ihrem Auswahlprozess überwacht werden. Dies spricht aus Sicht der Wirtschaftsprüferkammer gegen die Verlagerung der Prüferauswahl auf einen staatlichen Regulator und für eine Beibehaltung marktwirtschaftlicher Mechanismen bei der Auftragsvergabe.