Aktuelles > Nachgefragt bei… Tomáš Kafka

Artikel Details:

Institutionen & Zukunftsdebatte

Nachgefragt bei… Tomáš Kafka

Mit dem Format „Nachgefragt bei“ kommen regelmäßig europapolitische Stimmen in Form eines Kurzinterviews zu Wort. Heute heißt es anlässlich Übergabe der EU-Ratspräsidentschaft an Tschechien: Nachgefragt bei… Tomáš Kafka, Botschafter der Tschechischen Republik in Berlin.

Foto: Botschaft der Tschechischen Republik in Berlin

Am 1. Juli übernahm Tschechien für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. Welche Prioritäten setzt das Programm der Ratspräsidentschaft?

„Die Ratspräsidentschaft spricht programmatisch von insgesamt fünf Prioritäten. Dazu gehört Lösung der Lage der Geflüchteten aus der Ukraine sowie Vorbereitung des Landeswiederaufbaus, Beendigung der energetischen Abhängigkeit von Russland sowie Fortschritte in der Sicherstellung der energetischen Autonomie von der EU und nicht zuletzt die allgemeine Stärkung der EU in folgenden Gebieten: Wehrhaftigkeit, wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit und Rechtstaatlichkeit. Die letztgenannte Priorität schließt auch die Unterstützung der europäischen Institutionen und der demokratischen Entscheidungsprozesse. Man kann zurecht sagen, dass dies ein breites Feld ist. Eins wäre aber vielleicht doch speziell hervorzuheben. Es geht um die effiziente und unermüdliche Unterstützung der Ukraine. Der Grund dafür ist nicht nur die Tatsache, dass diesem Thema die außerordentliche Tagung des Europäischen Rates in Prag gewidmet sein sollte. Das wäre zwar schon recht und billig, doch der wahre Grund liegt woanders: die Unterstützung für die Ukraine ist zwar nicht alles, doch wenn die EU hier versagen würde, dann wäre es um ihre Glaubwürdigkeit nach innen wie auch nach außen sehr schlecht bestellt.“

Was erhoffen Sie sich von und für Ihre Ratspräsidentschaft?

„Ich erhoffe mir für uns alle, die wir in der EU leben und unsere Gemeinsamkeit zu schätzen wissen, dass wir mit unseren Politiken erfolgreich sind. Vor der EU, nicht nur vor der tschechischen Ratspräsidentschaft, liegen schwierige Bewährungsproben und ich bin mir nicht sicher, dass allein gute Planung und stimmige Konzepte unsere Bürger zu überzeugen vermögen, wenn sie zunehmend mit den grundsätzlichen sozialen sowie Sicherheitsfragen beschäftigt sein werden. Planung, Konzepte und Visionen sind zweifelsohne gut, doch wir brauchen Erfolge, vor allem gemeinsame Erfolge, um unsere Bewährungsproben zu bestehen. Also, ich erhoffe mir gemeinsame Erfolge überall, wo es nur geht!“

Welche Akzente möchten Sie insbesondere mit Blick auf das Follow-up zur Konferenz zur Zukunft Europas setzen?

„Die Zukunft – und zwar nicht nur der Europäischen Union – ist ein komisches Wesen. Es kann genauso gut Hoffnungen wie auch Ängste auslösen. Es kommt immer auf den Blickwinkel der Betrachter. Es ist nicht so lange her, als man sich der EU eher vor der Vergangenheit gefürchtet und der Zukunft die Rolle eines optimistischen Dopings zugeschrieben hat. Diese Zeiten sind aber nun vorbei. Heute erscheint die Zukunft für manche Bürger in Europa – im Osten wie auch im Westen – eher als ein sprichwörtliches Gespenst, welches das Zeug hat Europa eher zu erschrecken. Damit darf man sich nicht abfinden. Doch dafür, dass die Zukunft wieder vielversprechend wird, reicht es nicht administrative Prozeduren innerhalb der EU formal demokratischer zu gestalten. Dafür braucht man auch sehr viel Überzeugungsarbeit, die den internen Zusammenhalt der Bürger bekräftigt. Ich hoffe daher, dass die Konferenz zur Zukunft Europas vor allem gute, lebendige Austäusche unter den Bürgern in Gang setz und dazu führt, dass wir alle die EU mehr mögen werden – nicht nur so, wie sie in der Zukunft sein soll, sondern auch wie sie in der Gegenwart ist.“

EBD-Grafik zu den Prioritäten der Tschechischen EU-Ratspräsidentschaft

Weitere „Nachgefragt bei…“ Kurzinterviews